Dieses Posting ist zurückzuführen auf einen Vorfall an unserer Schule: Einige Schüler haben sich vor der Schule getroffen und problematische Inhalte via W-Lan der Schule auf ihren privaten Geräten angeschaut. Dies war durch eine Unachtsamkeit meinerseits möglich, weil ich für die Schüler ein Netz freigegeben hatte, welches ursprünglich für andere Zwecke gedacht war. Wir haben an unserer Schule ein kabelgebundenes Netz und für mobile Geräte haben wir zwei W-Lan-Kanäle. Das Kabelnetz und das eine W-Lan-Netz laufen via Proxy über den Web-Content-Filter. Dieses Netz hat natürlich seine Tücken und sobald man Apps installieren oder ausführbare Dateien downloaden will, klappts nicht. Aus diesem Grund haben wir das dritte Netz (W-Lan), welches ohne Filter, dafür mit einer WPA2-Enterprise-Authentifizierung ausgestattet ist. Dieses dritte Netz habe ich im Sommer für die Projektklassen freigegeben und war mir nicht bewusst, dass es nicht über den Content-Filter läuft.
Der Vorfall hat keine grossen Wellen geworfen, da alle Beteiligten sehr schnell gehandelt haben. Selbstverständlich haben wir ihn auch zum Anlass genommen, die Sache mit den Schülerinnen und Schüler zu thematisieren und sie dabei zu sensibilisieren.
Bei mir hat es aber doch etwas mehr ausgelöst. Im iPhone-Projekt und im digitalen Alltag hatte ich vier Jahre ohne Probleme ein völlig offenes Netz im Einsatz und keine Probleme damit. Obwohl ich vor Projektstart im Juni 2009 noch meine Bedenken äusserte und einen Filter einsetzen wollte, setzte ich doch auf den Königsweg ohne Filter, dafür mit einem Vertrag, viel Begleitung und natürlich auch auf periodische Kontrolle. Nach 100 Tagen fiel das Fazit schon positiv aus und in den vier Jahren musste ich nicht einmal auf einen Vertragsbruch reagieren. Selbst Schülerinnen und Schüler, welche den Schulort wechselten, bestätigten mir ihr vertragskonformes Verhalten.
Diesen Sommer haben wir die Projektschule auf mehr Klassen ausgeweitet und sind eigentlich genau gleich vorgegangen. Trotzdem haben wir jetzt einen „Fall“. Es gibt verschiedene Erklärungs-Ansätze:
- Die Hemmschwelle, pornografische Inhalte zu suchen, ist geringer, weil es ein privates Gerät ist.
- Das Druckmittel, ein Projekt bei Vertragsbruch mit zur Verfügung gestellten Geräten (Digitaler Alltag, iPhone-Projekt) abzubrechen, zieht weniger als beim BYOD-Projekt (digitaler Alltag), weil damit nicht der Verlust des Gerätes einhergehen würde.
- Die Identifikation mit dem Projekt ist geringer weil es mehr Klassen sind, deshalb halten sie sich auch weniger an die vereinbarten Regeln.
- Es ist reiner Zufall, dass es jetzt passierte (bzw. vorher nie passierte)
- ….
Ich bin immer noch der Meinung, dass es wichtiger ist, Zeit in die Prävention und die Aufklärung zu investieren, statt eine „Schein-„Sicherheit mit Filtern aufzubauen. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass wir als Schule gegenüber den Eltern verpflichtet sind, es den Kindern nicht allzu einfach zu machen, auf problematische Inhalte zu gelangen. Wir können nicht verhindern, dass Kinder problematische Inhalte konsumieren, denn wenn sie es im Schulnetz nicht können, finden sie andere Wege. Wenn es aber im Schulnetz so einfach und hürdenlos möglich ist, steigt wahrscheinlich die Versuchung und das ist nicht in unserem Sinn und wird verständlicherweise von den Eltern nicht goutiert.
Der Fall zeigt aber auch, dass dank BYOD auch tendenziell unangenehme Themen in der Klasse aufs Radar kommen und thematisiert werden können. Diese Arbeit an der Medienkompetenz ist letztlich ein Gewinn für alle Beteiligten.